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Hormonblockade bei Prostatakrebs – was eine Androgendeprivationstherapie bedeutet

Pillen mit Glas Androgendeprivationstherapie

Für viele Männer mit einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Prostatakarzinom beginnt die systemische Behandlung mit einer antihormonellen Therapie – der sogenannten Androgendeprivationstherapie, kurz ADT. Sie zählt heute zu den wichtigsten und wirksamsten Behandlungsansätzen in der Onkologie. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Wie wirkt eine ADT – und was verändert sich dadurch im Körper? Dieser Beitrag gibt verständliche Einblicke, zeigt, worauf es im Alltag ankommt und welche Unterstützung hilfreich sein kann.


Die Wurzeln der antihormonellen Therapie


Bereits in den 1940er-Jahren erkannte der Forscher Charles Huggins, dass Prostatakrebszellen stark auf Testosteron reagieren – und dass sich das Tumorwachstum verlangsamen lässt, wenn dieses männliche Sexualhormon entzogen wird. Für diese bahnbrechende Entdeckung erhielt er 1966 den Nobelpreis für Medizin. Seine Erkenntnisse bilden bis heute die Grundlage der Androgendeprivationstherapie: einer Hormonbehandlung, die den Testosteronspiegel im Körper gezielt senkt oder blockiert.


Denn Prostatakrebszellen sind regelrecht „hormonabhängig“ – sie brauchen Testosteron, um zu wachsen. Wird ihnen dieses Hormon entzogen, verlieren sie ihre Wachstumssignale. Die Zellen wachsen langsamer, ziehen sich zurück – manche sterben sogar ganz ab.


Wie ADT funktioniert – ein Blick auf die Wirkmechanismen


Bei der ADT kommen meist Medikamente zum Einsatz, die gezielt in die hormonelle Steuerung des Körpers eingreifen. Die gängigsten Wirkstoffe gehören zur Gruppe der sogenannten LHRH-Agonisten oder LHRH-Antagonisten.


Beide beeinflussen die Hormonproduktion im Gehirn und in den Hoden – allerdings auf unterschiedliche Weise:


  • LHRH-Agonisten (z. B. Leuprorelin, Goserelin, Triptorelin) führen zunächst zu einem kurzen Anstieg des Testosteronspiegels, der aber nach wenigen Tagen oder Wochen deutlich absinkt. Sie wirken wie eine Art „Überstimulation“, durch die die Hormonproduktion letztlich heruntergefahren wird.

  • LHRH-Antagonisten (z. B. Degarelix) blockieren die hormonelle Steuerung direkt – ohne den anfänglichen Anstieg. Sie wirken schneller und gelten als besonders geeignet bei Patient:innen, bei denen ein kurzfristiger Hormonpeak vermieden werden soll.


Seit Kurzem steht auch ein orales Medikament zur Verfügung (Relugolix), das täglich eingenommen wird und den Testosteronspiegel ebenfalls zuverlässig senkt – eine Alternative zur klassischen Injektion.


Wie die Therapie verabreicht wird


Die meisten ADT-Medikamente werden in regelmäßigen Abständen unter die Haut gespritzt – zum Beispiel alle vier, zwölf oder 24 Wochen, je nach Präparat. Diese sogenannten Depotspritzen setzen den Wirkstoff kontinuierlich frei, sodass der Hormonspiegel über längere Zeit stabil niedrig bleibt.


Wichtig ist, den persönlichen Therapieplan genau zu kennen: Wann wurde die letzte Injektion verabreicht? Wann steht die nächste an? Solche Informationen helfen, den Überblick zu behalten und die Therapie zuverlässig fortzuführen – denn ein regelmäßiger Hormonentzug ist entscheidend für den Behandlungserfolg.


Wer Fragen zum Intervall oder zur Wirkung der Medikamente hat, sollte sich nicht scheuen, diese beim nächsten Arztgespräch anzusprechen – denn Transparenz schafft Sicherheit.


Was sich verändert – körperlich und emotional


Eine Hormonblockade wirkt nicht nur auf den Tumor – sie verändert auch den gesamten Stoffwechsel. Viele Patient:innen berichten im Verlauf über typische Nebenwirkungen: Hitzewallungen, Müdigkeit, Kraftverlust, Libidoverlust oder emotionale Schwankungen.


Diese Begleiterscheinungen sind individuell verschieden, aber nicht ungewöhnlich. Manche treten früh auf, andere erst nach mehreren Monaten. Auch das Risiko für Osteoporose oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann leicht ansteigen – deshalb sind begleitende Maßnahmen wichtig, etwa:


  • regelmäßige Bewegung, insbesondere leichtes Krafttraining,

  • eine kalziumreiche Ernährung,

  • Stressregulation durch Entspannungsübungen,

  • gezielte medizinische Kontrollen, z. B. der Knochendichte oder des Blutzuckerspiegels.


Viele Patient:innen fragen sich, wie sie diese Veränderungen bewältigen können – ohne sich allein gelassen zu fühlen. Hier zeigt sich, wie wertvoll eine verständliche, alltagstaugliche Begleitung ist.


Digitale Hilfen – damit Begleitung Alltag wird


Zwischen den Arztbesuchen bleibt oft wenig Raum, über Nebenwirkungen oder Unsicherheiten zu sprechen. Digitale Anwendungen wie Moca können hier unterstützend wirken: Sie bieten die Möglichkeit, Symptome zu dokumentieren, Bewegungseinheiten in den Alltag zu integrieren oder mehr über die eigene Therapieform zu erfahren – Schritt für Schritt, im eigenen Tempo.


Für viele Betroffene wird die ADT zur neuen Konstante im Leben – da hilft es, die Kontrolle nicht ganz aus der Hand zu geben. Digitale Angebote schaffen kleine Anker: Erinnerung an den nächsten Termin, ein kurzes Entspannungsvideo, eine verständliche Info zur Therapie. Nicht als Ersatz für ärztliche Betreuung – aber als verlässlicher Begleiter im Hintergrund.


Was ADT erreichen kann – und warum Geduld sich lohnt


Die Ziele einer ADT sind klar: Das Fortschreiten des Tumors soll gebremst, Beschwerden gelindert und – in Kombination mit anderen Therapien – womöglich sogar eine Heilung unterstützt werden. Das gelingt oft – aber braucht Zeit.


Manche Veränderungen zeigen sich langsam, andere sind direkt spürbar. Wer gut informiert ist und die Therapie als aktiven Teil seiner Krankheitsbewältigung versteht, kann langfristig profitieren. Denn auch wenn ADT eine Herausforderung bedeutet – sie bietet eine echte Chance.


Fazit: Verstehen, begleiten, aktiv bleiben


Die Androgendeprivationstherapie ist mehr als nur ein medikamentöser Eingriff – sie ist eine grundlegende Veränderung im hormonellen Gleichgewicht. Wer sie beginnt, betritt einen neuen Abschnitt im Umgang mit der Erkrankung. Umso wichtiger ist es, diese Zeit nicht passiv zu erleben, sondern mit Wissen, Selbstwirksamkeit und Unterstützung zu gestalten.


Ob durch regelmäßige Bewegung, gezielte Informationen oder digitale Unterstützung – wer seinen Weg kennt, kann ihn besser gehen.


Moca ist ein Digital-Health-Unternehmen, welches Sie digital durch Ihre Therapie und Genesung in Urologie und Onkologie begleitet. Unsere MDR-zertifizierte und von Ärzten entwickelte App bietet Ihnen individuelle Programme und ermöglicht Ihrem Ärzteteam wertvolle Einblicke in Ihren Fortschritt. Erfahren Sie mehr unter moca.health.


Quellen

  1. The Nobel Prize in Physiology or Medicine 1966. NobelPrize.org. Verfügbar unter: https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/1966/huggins/facts/ [Abgerufen am 27. Juni 2025].

  2. European Association of Urology (EAU). EAU Guidelines on Prostate Cancer. Verfügbar unter: https://uroweb.org/guidelines/prostate-cancer [Aktuellste Version, abgerufen am 27. Juni 2025].

  3. National Comprehensive Cancer Network (NCCN). NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology (NCCN Guidelines®) – Prostate Cancer. Verfügbar unter: https://www.nccn.org/guidelines/guidelines-detail?category=1&id=1459 [Aktuellste Version, abgerufen am 27. Juni 2025].

  4. Velho PI, Bastos DA, Antonarakis ES. New approaches to targeting the androgen receptor pathway in prostate cancer. Clin Adv Hematol Oncol. 2021 Apr;19(4):228-240. PMID: 33989272.

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